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25. März 2020

Traumberuf Marktforschung

"Ich denke, dass Lebensmodell und Charakter entscheidend sind für einen Einstieg in die Marktforschung"

Was macht die Marktforschungsbranche so spannend und in welchen Bereichen hebt sie sich besonders von anderen ab? Wie wird die Marktforschung und dessen "Teilnehmer von morgen" aussehen? Wir sprachen mit Herbert Höckel, Geschäftsführender Gesellschafter von moweb research darüber, was er besonders an seinem Beruf schätzt und was einen Marktforscher seiner Meinung nach ausmacht.

marktforschung.de: Herr Höckel, angenommen, Sie werden im Zug von einer Schulabgängerin gefragt, was Sie beruflich machen. Sie erzählen davon, in der Marktforschung zu arbeiten. Die junge Dame ist beruflich noch in der Orientierungsphase und Sie beschließen, sie zu einem Berufsstart in der Marktforschung zu überreden. Wie stellen Sie das an?

Herbert Höckel: Das klingt ja fast als wäre ich des Teufels Advokat. Ich würde die Frage gerne dahingehend modifizieren "Was machen Sie eigentlich beruflich?". Meine Antwort würde lauten "Ich erforsche Märkte!". Dabei geht es nicht zu wie bei Lara Croft in Tomb Raider, sondern etwas kalkulierter und ohne Lebensgefahr, aber doch schon ein bisschen wie bei Minecraft. Wir Marktforscher wühlen uns mit Bleistift und Python statt Pick-Axt bewaffnet durch Berge von Zahlen und Texten auf der Suche nach der Goldader. Unsere Kunden und uns, bei der moweb research, treiben dabei in der Regel drei Kernfragen an: "Wo...?", "Was...?" und "Wieso...?". Immer wenn uns das Wo begegnet schauen wir uns im Umfeld um, beim Was geht es hauptsächlich um Zahlen, Daten und Fakten und das Wieso umschreibt in der Regel Gefühle, Motive und Gedanken. Oder anders gesagt, Sekundärstatistik, quantitative und qualitative Forschung.

marktforschung.de: In anderen Branchen kann besser verdient werden als in der Marktforschung. Was gleicht den Gehaltsverzicht aus?

In erster Linie sind es die Kollegen, die diese Branche liebens- und lohnenswert machen. Und Geld ist auch bekanntlich nicht alles im Leben. Wer primär auf monetäre Belohnung aus ist, kann anderswo bestimmt schneller mehr verdienen. Aber die Gehälter in der Marktforschung sind auch nicht schlecht und gute Forscher sind, wie oben schon erwähnt, Gold wert. Ich denke, das Lebensmodell und Charakter entscheidend sind für einen Einstieg in die Marktforschung. Ich für meinen Teil bin unfassbar neugierig und problemverliebt. Ich freue mich jedes Mal auf Neue mich in die Fragestellung meiner Kunden hineinzudenken und die besten Methoden, Tools, Ansätze und Hypothesen zu finden, um diese Fragen auch strategierelevant zu beantworten. Und wenn ein Kunde mich anruft mit dem Wortlaut "Herr Höckel, wir hätten da ein Problem...!" freue ich mich ganz besonders, denn neben "Wo, was und wieso" kommt jetzt auch noch ein "Wie...?" ins Spiel - also die evidenzbasierte, strategische Unternehmensberatung.

marktforschung.de: Würden Sie von einer Zukunftsbranche sprechen mit dann auch tollen Arbeitsplatzaussichten? Oder ist der Beruf ein Auslaufmodell, weil die Marktforschung künftig automatisiert von den Unternehmen selbst und nebenbei erledigt wird?

Wie der geneigte Leser vielleicht jetzt schon bemerkt hat, ist das Sinnbild von Klemmbrett und Fragebogen für die Marktforschung eher antiquiert. Der Marktforscher von heute, und vor allem von morgen, hat sich weit weg von Statistiken, Tabellenbänden und Präsentationen hin zum Daten-Berater entwickelt. Der Marktforscher von heute und morgen ist ein faktenbasierter Generalist, der aus unzähligen Verfahren, Methoden und Tools immer das Bestmögliche selektiert, um zeit-, budget- und strategiegerecht die Fragestellung des Kunden zu beantworten. Dabei entscheidet stets die Fragestellung über die Auswahl der Methodik: Wie können wir das, was wir jetzt wissen müssen, auch möglichst wahrheitsgetreu beantworten? Und was wissen wir schon? Inwiefern helfen uns bereits vorliegende Daten weiter? Wo können wir, wenn möglich, auf Fragen verzichten? Wo haben wir Verhaltensdaten? Und welche Fragen sind notwendig und zielführend? Ich sehe die Marktforschung als Branche absolut zukunftsfähig, denn bei dem ganzen Strom an Daten aus Big Data, IoT, Social Media und Device- oder Cookie-Tracking braucht es immer noch einen analytischen, klugen Kopf, der aus all diesen wunderbaren Zutaten einen leckeren Faktensnack macht. Das geht übrigens gar nicht DIY, erst recht nicht nebenbei - höchstens Hand in Hand!

marktforschung.de: Wenn Sie noch einmal in die Marktforschung gehen würden, welche Karriereweiche würden Sie dieses Mal anders stellen?

Ja, da würde ich ein bis zwei Dinge anders machen. Ich hätte mir nach dem Abitur wohl ein Work-and-Travel-Jahr gegönnt, einfach um meinen persönlichen Horizont zu erweitern. Ich hätte hoffentlich auch um die Entwicklung des Internets gewusst und eher Wirtschaftsinformatik studiert. Generell würde ich der jungen Dame aus dem Zug dazu raten, erstmal die Welt eine Zeit lang mit eigenen Augen zu erkunden. Und wenn dann immer noch Interesse an Marktforschung besteht, anschließend ein Studium in den Bereichen Wirtschaftspsychologie oder Wirtschaftsinformatik zu absolvieren. Bei der aktuellen Generation von Studenten mache ich mir dabei aber weniger Sorgen. Die haben das Thema Work-Life-Balance ganz schön gut im Griff und rein materialistische Bestrebungen sind scheinbar nicht immer von primärer Bedeutung. Nette Kollegen haben wir hier auf jeden Fall genug, das Betriebsklima stimmt und die Aufgaben sind abwechslungsreich und vielfältig.

marktforschung.de: Bitte vervollständigen Sie: Wenn ich nicht in die Marktforschung gegangen wäre,...

...wäre ich aufgrund meiner Liebe zu den Bergen wohl Bergführer geworden. Das wusste ich aber vor knapp 30 Jahren noch nicht!

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Gessica Uerling


Herbert Höckel

Herbert Höckel ist geschäftsführender Gesellschafter hier bei bei der moweb research GmbH. Seit mehr als 25 Jahren ist er Marktforscher. 2004 gründete er die moweb GmbH, welche er bis heute als Inhaber führt. Die moweb aus Düsseldorf ist international tätig und eines der ersten deutschen, auf digitale Verfahren spezialisierte Marktforschungsinstitute.

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