Die dritte Ausgabe von Herberts Welt entstand nicht aus heiterem Himmel. Nein nein. Vielmehr provozierte eine bekannte TV-Show die Replik durch unseren Geschäftsführer Herbert Höckel. Die Kolumne erschien am 24. Mai - wie immer auf marktforschung.de - oder eben hier:
Ja, genau das hätte er gerufen, der Giovanni Trapattoni. Sie werden es mitbekommen haben: Jan Böhmermann ist in seiner Show, dem ZDF Magazin Royal vom 13. Mai, über uns Meinungs- und Marktforscher hergefallen. Was fällt dem denn ein? Gibt's nicht genug andere, wichtigere Probleme auf der Welt, um die sich seine aufgeblasene, teure und vor allem öffentlich-rechtlich finanzierte Redaktion kümmern sollte? Was für eine Sauerei und Schweinerei! RACHE!
Beleidigt sein? Rache? Nein, natürlich nicht.
Wie viele Coachings lehren uns schließlich, bei Kritik auf der Sach- statt auf der emotionalen Ebene zu bleiben und vor allem erst einmal zuzuhören. Und sogar DANKE zu sagen. Immerhin hat sich da einer bzw. eine ganze Abteilung mit unserer Thematik auseinandergesetzt und zumindest aus deren Sicht einiges an kritischen und fragwürdigen Punkten zusammengetragen. Jetzt beleidigt zu sein und verbal zurückzuschlagen? Wie un-souverän wäre das denn?
Ich sage tatsächlich laut: DANKE lieber Jan.
Danke, dass Du und Dein Team von außen in unsere Branche hineingeschnüffelt hast, um sie zu analysieren, zu prüfen, zu bewerten sowie schlussendlich zu verurteilen. Ob richtig oder falsch: Ganz grundsätzlich ist jede andere Perspektive als unsere eigene immer eine Bereicherung. Punkt!
Aber der Reihe nach. Was für Problematiken hat das Magazin denn zum Thema Meinungsumfragen aufs Tableau gebracht?
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Aufmachung von Umfrageergebnissen, die mit offensichtlich präzisen Prozentpunkten und wissenschaftlich anmutenden Diagrammen und Grafiken Seriosität vorgaukeln, was aber allzu oft nicht wirklich nachvollzogen werden kann - siehe mangelnde Transparenz bei Methoden und Prozessen.
Soweit diese kleine Magazin-Inventur, denn hier soll nichts unter den Teppich gekehrt werden. Zu allen Punkten möchte ich auch gar nicht Stellung nehmen. Wie in jeder Branche gibt es gute und schlechter Performer, Trittbrettfahrer und sogar korrupte Gesellen. In solchen Fällen darf es natürlich nie bei kritischen Stimmen von außen bleiben, da müssen wir auch selbst immer wieder unsere Stimme erheben. Schließlich geht es um unser wichtigstes Gut, das Vertrauen in unsere Leistungen. Sowie unser Renommee, das von Blendern in Geiselhaft genommen wird.
20 Minuten sind natürlich denkbar knapp, um auf unterhaltsame Weise einen sehr komplexen Stoff zu behandeln. Wohl auch deswegen sind manche Themenfelder doch arg verkürzt und auch fehlerhaft dargestellt. Daher erlaube ich mir an dieser Stelle nun einige kleine Richtigstellungen für alle nicht-marktforschenden Leser dieser Kolumne - übrigens ausdrücklich ohne den Tenor der Sendung als Ganzes in Frage zu stellen.
Die Thematik rund ums olle Festnetztelefon hat die Show so ausgetreten, als wären wir ein Haufen technischer Analphabeten, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben. Und die Alternative der Erhebungen per Internet wird so dargestellt, als gäbe es das nur zum Preis von indiskutablen Fehlertoleranzen.
Also liebe ZDF-Redaktion, die meisten Institute, die früher Befragungen ausschließlich mittels Telefon-Interviews (CATI - Computer Assisted Telephone Interview) geführt haben, sind längst zu mixed-mode-Methoden ge-switched. Neben Telefon-Interviews werden hier andere Teilnehmer auf der digitalen Ebene erreicht bzw. befragt, um so die Probleme der Repräsentativität zu lösen. Wer's genau(er) wissen will: Hier weitere Erläuterung dazu.
Läuft eine Erhebung dennoch ausschließlich telefonisch, verfügt eine Mehrheit heute zwar über keinen Festnetzanschluss mehr, dafür aber in der Regel über ein Mobiltelefon. Das sind die sogenannten "Mobile-Onlys". Am Ende wird eine Erhebungsstichprobe dann zum Teil aus dem Festnetz abgedeckt, der andere Teil aus dem Mobilfunknetz. Beide Stichproben müssen noch korrekt gewichtet werden, fertig ist das "Dual-Frame-Verfahren" vom Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute (ADM). Das war jetzt SEHR vereinfacht dargestellt, deswegen hier die etwas ausführlichere Erläuterung.
Zur Erinnerung: Wir machen das ja beruflich, also Meinungsforschung. Für alle Methoden, Verfahren und Design-Prozesse haben wir deshalb Experten, um eben genau jene Probleme anzugehen und zu lösen, die in der Sendung gestreift wurden. Und zumindest für jeden seriösen Marktforscher kann ich reklamieren, dass alle ihre Leistungen an den folgenden vier Gütekriterien ausrichten:
Qualität, Qualität, Qualität! Genau darauf kommt es an. Immer. Von der sorgfältigen Planung zur exakten Durchführung, der präzisen Analyse bis hin zur tragfähigen Interpretation der Daten.
Zurück zum Anfang - zum Nicht-Beleidigt sein: Liebes ZDF-Team: Nochmals Danke für Eure Kritik, selbst wenn sie in Teilen recht oberflächlich rüberkam. Ich zumindest habe mich gut unterhalten gefühlt und spüre noch mehr als sonst die Motivation, mich und mein Institut zu hinterfragen und zu prüfen: Wo müssen wir uns den Vorwürfen stellen und Prozesse verbessern?
Und wir sollten immer auch über den aktuellen Status Quo hinausblicken, denn die Welt um uns herum bleibt ja nicht stehen. Dazu ein kleiner Kalenderspruch: Die Methoden von heute sind schon morgen die von gestern! Unsere Entwicklung darf folglich nie stehenbleiben. Auch die Qualifizierung und Integrität der Marktforscher selbst gilt es stets von neuem zu beleuchten. An meine Zunft gerichtet: Bitte lasst uns regelmäßig die Frage stellen, welche Rolle wir im Spektrum von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft denn tatsächlich spielen möchten?
Und hey, vielleicht macht Ihr in einem Jahr noch mal eine Sendung über das Thema? Für eine hoffentlich positive Vorher-Nachher-Betrachtung helfe ich auch bei der Recherche - ganz neutral natürlich! Soweit also mein Kommentar zu Eurer Sendung. Ich habe fertig!
Euer Herbert Höckel
Herbert Höckel ist geschäftsführender Gesellschafter hier bei bei der moweb research GmbH. Seit mehr als 25 Jahren ist er Marktforscher. 2004 gründete er die moweb GmbH, welche er bis heute als Inhaber führt. Die moweb aus Düsseldorf ist international tätig und eines der ersten deutschen, auf digitale Verfahren spezialisierte Marktforschungsinstitute.